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Die Einsamkeit des Vaterseins – ist vorbei!

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Wie ihr alle wisst, teilen wir uns die Arbeit an unserem Kind genau 50/50. Unser Modell sieht das so vor.
Ich habe hier auch schon ein paar mal beschrieben, dass mir das Elterndasein oft schwerer fällt als Suse. Während Suse bei auftauchenden Problemen oder Ermüdungserscheinungen sehr lösungsorientiert ist, stelle ich oft die ganze Sache mit dem Kind in Frage sobald es zu anstrengend wird oder ich z.B. mehr Zeit zum Arbeiten bräuchte. In diesen Momenten wünschte ich mir manchmal ich hätte kein Kind bekommen und – ja – ich habe auch schon theoretisch mit dem Gedanken gespielt Suse und das Kind sitzen zu lassen und wieder zu meinem alten, unabhängigen, geilen Leben zurückzukehren.

Warum hat Suse solche Gedanken nicht? Warum ist unausgesprochen klar, dass, wenn es hart auf hart kommt, irgendwie Suse mehr verantwortlich für das Kind wäre als ich? Also, uns ist schon klar, dass ich genauso verantwortlich bin und dass Suse auch einfach abhauen könnte. Aber dennoch: Wir haben beide nicht ganz die gleiche emotionale Bindung an das Kind. Warum ist das so?

Jetzt könnte man behaupten Suse hätte auf Grund der Tatsache, dass unser Kind neun Monate in ihrem Körper gelebt hat und dass sie es weitere neun Monate gestillt hat, von Natur aus eine engere Bindung. Aber das reicht mir nach über einem Jahr mit dem Kind nicht als Erklärung aus. Seit der Geburt haben wir beide gleich viel Zeit mit dem kleinen Menschen verbracht, haben beide mit ihm gelitten und gelacht und eigene Beziehungen aufgebaut. Und doch hat sich an dem grundsätzlichen Unterschied im Gefühl der Zuständigkeit nichts geändert.

Ich denke es sind die Erwartungen, also die Rollenzuschreibungen, von außen, die dazu führen. Da in unserer Gesellschaft die Mütter als Hauptverantwortliche für das Thema Kind betrachtet werden, hat Suse als Mutter auch weniger Zugang zu der Option nicht diese Mutterrolle auszufüllen. Ich als Vater sehe hingehen um mich herum viele Männer, die Kinder haben aber trotzdem viel Zeit für Freizeit und Karriere haben und nehme deshalb meine 50%, die ich am Kind verbringe, als schlechtes Verhandlungsergebnis im Vergleich zu meinen männlichen Möglichkeiten wahr.

Unser Leser Jochen König hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir unsere 50/50-Aufteilung nicht als Gleichberechtigung verstehen sollen. Denn solange es für die Frau nur die Optionen gibt sich ganz oder zur Hälfte um das Kind zu kümmern, aber der Mann die Optionen hat, sich zur Hälfte oder überhaupt nicht um das Kind zu kümmern, herrscht keine wirkliche Gleichberechtigung mangels gleicher Wahlfreiheit. Stattdessen kann man nur innerhalb der gesellschaftlichen Möglichkeiten Schadensbegrenzung betreiben. Danke @Jochen für diesen guten Denkanstoß. Nachzulesen in diesem Artikel.

Das gemeine an dieser Erkenntnis ist, dass wir nur bedingten Einfluß darauf haben, wie die gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen aussehen. Doch zum Glück hat eben jener Jochen König selbst einen tollen Beitrag für uns geleistet. Denn er hat letzten Monat ein Buch mit dem Titel “Fritzi und ich” veröffentlicht. In diesem Buch beschreibt er, wie er und die Kindsmutter die klassische Rollenverteilung auf den Kopf gestellt haben. Jochen kümmert sich fast allein um das Kind und wohnt auch allein mit ihm zusammen. Das Buch ist voller wunderbarer Beobachtungen, die ich fast alle ähnlich erlebt habe und die mir einige Male Tränen in die Augen getrieben haben. Es geht darum, wie man als Vater nicht als vollwertiger Aufzuchtsberechtigter ernst genommen wird, wie man übermäßig fürs Vatersein gelobt wird und vor allem auch darum, wie einsam einen diese Rolle machen kann.

Dieses Buch hat bei mir sehr großes bewirkt! Zum ersten Mal seitdem ich Vater bin kenne ich eine Person da draußen, die sich noch mehr um ein Kind kümmert als ich. Oder anders gesagt: Seitdem ich Jochens Geschichte gelesen habe, fühlt sich meine Vaterschaft nicht mehr an als würde ich im Verhältnis zu meinen gesellschaftlichen Möglichkeiten schlecht da stehen. Und was macht das mit mir? Wenn es mit dem Kind anstrengend ist oder ich keinen Bock habe, denke ich daran, dass da draußen jemand ist, der das auch durchgemacht und geschafft hat. Die bloße gefühlte Zugehörigkeit zu einer (kleinstmöglichen) Gruppe fühlt sich an wie eine Legitimation meines Lebensentwurfs. Das fühlt sich sehr gut an. Und tatsächlich: Ich fühle mich dadurch verantwortlicher für das Kind.

Wow.


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